Was ist Borderline?
Guten
Tag, der Herr, die Dame,
Gestatten, Borderline, so ist mein Name.
Sie
kennen mich nicht? Das ist nicht schlimm.
Ich werd' Ihnen erzählen, wer ich
bin.
Eine Krankheit, doch man sieht sie nicht,
aber trotzdem immer öfter man über sie
spricht.
Wir Borderliner sind wirklich ganz
Liebe,
auch wenn wir oft verteilen Hiebe,
und die nicht immer auf den
Feind,
sondern sehr oft gegen den Freund.
Dieser es gar nicht begreifen kann,
wenn er doch lieb ist, was
bleibt ihm dann?
Kommt er uns nah, ganz in Vertrauen,
stoss'n wir ihn weg, er soll abhau'n.
Geht er fort, sind wir zerrissen,
weil wir im Herzen ihn so
vermissen.
Der Tod uns oft als Ausweg erscheint,
doch das
bin nicht Ich, die das meint.
Die Seele weint, das Herz
trauert,
das heißt aber nicht, dass es lang andauert.
Im nächsten Moment empfinden wir Glück,
und das an Borderline ist die Tück'
In einem fort hin und her gerissen,
kämpfen
wir Bordis stets verbissen
um ein Quentchen Glück und ein bisschen Frieden,
sind wir doch Menschen,
die
auch wollen lieben.
Der größte Hass, uns selber gilt,
wir können nicht umgehen mit uns
mild.
Stets wir uns messen an Extremen,
dieser
Weg nicht zählt zu den Bequemen.
Oft erscheint uns das Leben so schwer,
dass wir sagen: ich will nicht
mehr!
Die Zweifel, die so stark an uns nagen,
sind
beileibe fast nicht zu ertragen.
Die innere Qual und ohnmächt'ge Wut,
nehmen uns gänzlich jeglichen Mut.
Aggression, das erlebt manch
einer,
mit Absicht wehtun, das will von uns keiner.
Doch die Verzweiflung, die sich
macht breit,
bringt uns immer wieder so
weit.
So können wir uns oft nicht spüren,
und das kann leider dazu
führen,
dass wir uns verletzen und uns schneiden,
um so die Leere aus dem Geist zu
vertreiben.
Der Schnitt, der macht keine Schmerzen,
aber doch gibt's dann im
Herzen,
ein wenig Luft, und das alleine
bringt
uns ein bisschen auf die Beine.
Schwarz und Weiß, so ist uns're Welt.
Grau, sich nicht dazugesellt.
Für andere ist das schwer zu
verstehen,
das ist uns klar, doch muss man auch sehen,
dass wir wahrhaftig die Täter nicht
sind,
sondern Opfer, und dies meist schon als Kind.
Als Kind bereits übel missbraucht,
ist unser Glück als Erwachsene verraucht.
So sensibel wir auch sind, so eins ist
klar,
wir sind immer für die and'ren da,
gerade weil wir wissen, was es heißt,
wenn die Seele leidet, uns zerreißt,
können wir mitfühlen und in
Nöten
die verzweifelten Gedanken des and'ren töten.
Arrogant und borstig, so heißt es immer,
doch das stimmt nicht, nie und
nimmer.
Um vor inn'rer Qual uns zu retten,
müssen wir uns hinter ‘ner Fassade
verstecken.
Wir tragen ‘ne Maske, die uns schützt,
doch
ist die Frage, ob sie was nützt?
Schau'n wir uns an, ins ehrliche Ich,
kommt von allein ganz
unweigerlich,
Der innere Schrei, nein, so will ich nicht sein,
und wieder wir wechseln zum trughaften
Schein.
Dann reden die and'ren mit uns wie mit jedem,
das aber geht leider oft stark
daneben.
Denn allzuoft führt ein Wort
mitunter
dazu, dass für uns die Welt geht unter.
Das versteh'n dann die and'ren nicht
und bringt sie aus dem Gleichgewicht. Doch,
was soll'n wir machen, um zu leben
und dennoch
nicht zuviel von uns preiszugeben?
Es ist ein wahrhafter
Drahtseilakt,
den wir vollführen, und bitte gebt acht,
vielleicht gibt's ‘nen Freund,
der euch nahesteht,
dem es ganz genauso geht.
So denkt dann an die Zeilen von heut'
und so könnt ihr dann
vielleicht
so manchem Freund helfen soweit,
dass er sich
traut und von der Maske befreit.
(c) Gabriella Marten Cortes (01/2000)